Exkursionen im Mansfelder Land

Eine Wanderung im Bergbaugebiet Wimmelburg
von Klaus Foth & Dr. Rudolf Mirsch
1996

Wimmelburg
Die Geschichte dieses Dorfes geht bis ins Jahr 1038 zurück, wo es als Wigmodeburg erstmals erwähnt wird. Die Burganlage soll sich nach Prof. Größler am Friedrichsberg befunden haben. Der Standort der Burg, die später ein Kloster wurde, konnte bis heute jedoch nicht eindeutig bestimmt werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit überdeckt die Schlackenhalde der Rohhütte den ursprünglichen Bereich des Klosters. Nach der Verlegung ins Tal entstand eine geschlossene Klosteranlage und etwa ab 1150 eine dreischiffige romanische Klosterkirche. Reste sind vor dem Hintergrund der mächtigen Halden der Otto-Schächte erhalten. Berg- und Hüttenmannsdorf wurde Wimmelburg wohl schon bald nach Beginn der Gewinnung und Verhüttung des Kupferschiefers um das Jahr 1200 im Gebiet südlich des Ortes wo das Flöz zu Tage tritt und im Tal günstige Hüttenstätten gefunden werden konnten. Die Wanderung führt von Standorten einiger bekannter Bergwerksanlagen aus dem 19. Jahrhundert bis zurück in diese Zeit.

1. Station: Der Erdmannschacht (1)
Es ist nur eine kurze Wegstrecke vom Eingang des Ortes bis zur Halde des Erdmannschachtes, die zwischen der Schule und dem Sportplatz zu finden ist. Im Juli 1829 begannen die Teufarbeiten. Dieser neue Schacht sollte einen wichtigen Abschnitt der Erschließung tieferer Feldesteile des Schafbreiter Reviers ermöglichen. Die Schwierigkeiten durch Wasserzuflüsse beim Abteufen des Schachtes waren größer als erwartet. Noch im gleichen Jahr entschloss man sich, die Teufarbeiten vorerst einzustellen und den Schacht zur Wasserlösung durch das Abbohren aus untertägigen Grubenbauen zu retten. Nach dieser zwangsweisen Unterbrechung wurde erst im Jahre 1832 die Teufe von 113 m erreicht. Um Wasserzuflüsse aus den Schachtstößen zu verringern, wurde die bis dahin im Bergbau noch wenig bekannte und im Kupferschieferbergbau erstmalig angewendete Picotagezimmerung erprobt. Der Schacht wurde auf den Namen Erdmann, eines Angehörigen des Bergamtes Eisleben und späteren Direktors des Bergamtes Wettin, Anton Erdmann, getauft.

Mit dem Schacht hatte man sich unter das Niveau des für die Wasserabführung zur Verfügung stehenden Froschmühlenstollens begeben und musste sich darauf einricheten, größere Wassermengen aus den tiefer liegenden Abbauen zu heben. Im Verbund mit den Schächten T und W wurde das in der Abbildung nach Aufzeichnungen des Markscheiders Schulze ergänzte System der Wasserhebung wirksam.
Nach der erfolgreichen Anwendung der Dampfkraft im Kupferschieferbergbau wurde auf dem Erdmannschacht im Niveau des Füllortes eine Kesselanlage zum Betrieb einer Dampfpumpe und eines Dampfhaspels zur Förderung im Flachen errichtet. Während sich die auf dem Haspel aufgelegten und an anderer Stelle schon vorher erprobten eisernen Seile bewährten, gab es große Probleme mit der untertägigen Dampferzeugung. Der bei der Kesselfeuerung entstehende Rauch wurde ursprünglich über ein Rohr zum Füllort und von dort in Bretterlutten nach über Tage geleitet. In der kalten Jahreszeit war der Schacht aausziehender Schacht, die Rauchschwaden zogen ab, und der Kessel lieferte ausreichend Dampf. Mit Beginn der warmen Jahreszeit verchlechterten sich die Bedingungen zunehmend. Ein zusätzlicher (dampfbetriebener) Ventilator wurde eingebaut, ohne dass die Probleme gelöst werden konnten. Undichtigkeiten in den Holzlutten brachten im Sommer bei einziehendem Schacht einen Teil der Rauchgase wieder in die Grube zurück und verschlechterten das Klima bis zur Unerträglichkeit.

Die Holzlutten im Schacht wurden durch verzinkte Blechlutten ersetzt und der Rauchabzug bis zum Schacht gemauert. Hilfsfeuer zur Erhöhung des Zuges wurden eingerichtet. Nach einer gewissen Zeit wurden aber auch die Zinklutten undicht. Das Zusammentreffen unglücklicher Umstände führte dazu, dass unter diesen schwierigen Umständen ein Teil des Bedienungspersonals Rauchvergiftungen erlitt und nur mit Mühe gerettet werden konnte.
Der Erdmannschacht war mit einem Pferdegöpel ausgerüstet. Eine Zeichnung davon ist auf einem Teller aus dem Nachlass des ehemaligen Landrates Kerßenbrock erhalten. Als besonderes Ereigniss verdient der Bruch des Nagels beim Betrieb dieses Göpels bei gleichzeitiger Zerstörung des "Notstachels" Erwähnung. Dadurch schlug die Deichsel durch Abgehen der Fördertonne zurück, wodurch eines der beiden Pferde tödlich verletzt wurde.
Der Schacht selbst nahm ein unerwartetes Ende, als im Frühjahr des Jahres 1865 Wasser der Bösen Sieben in den Schacht strömte und zu seiner Zerstörung führte.

2. Station: W-Schacht: (2)
Nur etwa 250 m südlich vom Erdemannschacht befindet sich der W-Schacht, eine Schachtanlage, die durch die bis in die jüngste Zeit betriebene Pumpstation zur Wasserversorgung von Betrieben und Gemeinden wirksam war. Von hier wurde der am 1. Oktober 1884 in Betrieb genommene und ca. 1000 m³ fassende Wasserbehälter auf dem Friedrichsberg in Eisleben gespeißt, nachdem das alte Bassin auf dem Stahlshüttenhof nicht mehr die inzwischen entstandenen höher gelegenen Wohngebiete versorgen konnte. Zusätzlich waren Behälter auf der Halde des in unmittelbarer Nähe gelegenen T-Schachtes, auf dem Windmühlenberg in Wolferode und in Bischofrode zur Versorgung umliegender Gemeinden und Betriebe errichtet worden.
Die Teufarbeiten des W-Schachtes begannen 1811 um eine bis dahin nicht befriedigend geglückte Wasserlösung für den in die Tiefe vordringenden Abbau zu suchen. Im Jahre 1815 wurde bei etwa 112 m und etwa 40 m unter dem Niveau des Froschmühlenstollens das Kupferschieferflöz erreicht. Mittels eines Dampfpumpenbetriebes wurde das Grubenwasser bis zur Inbetriebnahme des tiefer gelegenen Schlüsselstollens (bis etwa 1885) auf Niveau Froschmühlenstollen gehoben. Bekannt wurde der Schacht besonders aber auch durch die schon von Erdmenger beschriebene große Schlotte, die später in Aufzeichnungen von Freiesleben (1808) eine beachtenswerte Würdigung erfuhr. Er schrieb u.a.: "Es ist zu bedauern, dass das Interesse des Bergmanns gerade hier nicht erlaubt hat, diesen schönen Höhlenzug in seiner anfänglichen Form offen zu erhalten und noch mehr, dass er nach einer kurzen Reihe von Jahren wahrscheinlich für immer wieder verschlossen und nie wieder zugänglich werden wird."
Der Bergbau vermochte nicht, die großen Räume restlos zu verstürzen.



Viele Bergleute und Besucher haben bis in die jüngste Zeit auf kleinen Flächen, die mit dem offenen Geleucht geschwärzt wurden, Namen und Besuchstag festgehalten. Auch nach dem Anstau des Wassers in der Mansfelder Mulde ist oberhalb des Niveaus des Schlüsselstollens eine Befahrung von Teilen dieser Schlotte noch möglich. Es steht eine heute im Bergbau schon sehr seltene Bobine zur Verfügung, die einen für zwei Personen ausgelegten und an Seilen geführten Förderkorb betreibt.

Station 3: Lichtloch 64 des Froschmühlenstollens (3)
Zwischen Wimmelburg und Kreisfeld am Goldgrund im ehemals Glückaufer Revier finden sich die Reste der so genannten "Neuen Hütte". Der kaum 28-jährige sächsische Oberkunstmeister Mende begann hier im Schacht Aa, dem Lichtloch 64 des Froschmühlenstollens, im Jahre 1787 mit dem Bau einer Wasserkunst, nachdem sein Kostenvoranschlag über rund 18.000 Taler vom Dezember 1786 bestätigt war. Das Grundprinzip waren drei übereinander angeordnete Wasserräder. Mit dieser Konstruktion war vorgesehen, den Niveauunterschied zwischen dem Glückaufer Stollen und dem Froschmühlenstollen von ca. 25 m zur Energieerzeugung zu nutzen.
Die Größe dieser für den Kupferschieferbergbau einmaligen Anlage ist leicht vorstellbar, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die beiden oberen Wasserräder einen Durchmesser von je 6,5 m und das untere Rad einen Durchmesser von etwa 11 m hatte. Das untere, ein so genanntes Kehrrad, sollte der Produktenförderung dienen, das mittlere zum Betreiben des Gebläses für die Verhüttung des Erzes und das obere Rad zur Hebung von Grubenwasser. Schon bei der Inbetriebnahme des Fördergöpels im Jahre 1791 stellte sich heraus, dass dieser seine ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen konnte. In der Folgezeit nahmen zudem die Wassermengen, die auf das Niveau des Froschmühlenstollens zu heben waren, so schnell zu, dass alle drei Räder für diesen Zweck eingesetzt werden mussten, ohne die Gezeugstrecke etwa 20 m unterhalb des Froschmühlenstollens ständig wasserfrei halten zu können. Nachdem auch der Metallgehalt des angetroffenen Erzes nicht befriedigte, wurde die Anlage 1802 eingestellt. Die vorgesehene Verhüttung in der "Neuen Hütte" hatte nur kurze Zeit in bescheidenem Umfange Bestand. Bereits am 27.08.1801 wurde das letzte Feuer ausgeblasen und angeordnet, die übertägigen Anlagen für das gewerkschaftliche Korn- und Bergmaterialienmagazin zu nutzen. Das hat dort über 100 Jahre bis 1915 bestanden.
Inzwischen verfallen leider die teilweise noch zu Wohnzwecken genutzten Gebäude zusehends. Als Denkmal der Technikgeschichte verdiente diese Anlage auch in der heutigen Zeit mehr Beachtung und Pflege.

Station 4: Lutherhütten im Goldgrund (4)
Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass Hans Luder neben den Schächten in der Umgebung der Stadt Mansfeld auch auf dem so genannten Eisleber Berg Schächte betrieb (Mitteilung 1/1996). die Verhüttung der Erze erfolgte um 1508 auf den Hütten "vorm Beerbaum" und "vorm Rodichen". Dort sind noch kleine Schlackenhalden zu finden. Die schönen, teils roten und blauen Farben der Schlacken ermöglichen eine zeitliche Zuordnung aus der Zeit vor dem 30-jährigen Krieg. Bei blauen Schlacken wurden verbliebene Kupfergehalte von etwa 0,3 %, bei roten Schlacken 0,8 % ermittelt. Analysen der Hüttenschlacke aus der Mitte des 20. Jahrhunderts ergaben eine Restkupfermenge von etwa 0,2 %.

Es bleibt zu hoffen, dass sich der Wunsch des Arbeitskreises zum Schutz der Mansfelder Bergbauhalden erfüllt, dass die bereits 500 Jahre alten Hüttenhalden als Sachzeugen auch weiterhin unserer Mansfelder Landschaft erhalten bleiben.

Literatur:
H. Pangert: Die "Neue Hütte" bei Wimmelburg
Nappian uns Neuke 8 (1935) 15, Seite 5-6

Fünfundsiebzig Jahre Mansfelder Pflastersteine (1863-1938)
Eisleben, 1939

Schrader: Die Entwicklung des Mansfelder Kupferschieferbergbaues
Verlag Wilhelm Engelmann, Leipzig 1913

  

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