Mansfelder Bergbau & Hüttenwesen

Zum Tag des Bergmanns
von Dr. Rudolf Mirsch
2006

Am 17. September 1950 wurde erstmalig der Tag des Bergmanns in der damals noch jungen DDR gefeiert. Grundlage war die am 10. August 1950 vom damaligen Minister Selbmann erlassene Verordnung zur Verbesserung der Lage der Bergarbeiter, des ingenieurtechnischen und kaufmännischen Personals. Ausschlaggebend war die große wirtschaftliche Bedeutung des Bergbaus, die Verbesserung der Produktionsverhältnisse und die Notwendigkeit verstärkter Mechanisierung in den ersten Jahren der in Ost und West schwierigen Nachkriegszeit. Die Löhne und Gehälter wurden entsprechend den gesellschaftlichen Bedingungen neu geregelt und eine sogenannte zusätzliche Belohnung für Bergleute eingeführt. Die kulturelle und soziale Betreuung war zu verbessern, letztlich auch deshalb, um den hohen Arbeitskräftebedarf in der Grund- stoffindustrie langfristig zu sichern. Ab 1951 wurde der 1. Sonntag im Monat Juli eines jeden Jahres zum „Tag des deutschen Bergmanns“ bestimmt. Die 750-Jahrfeier des Mansfelder Kupfer- schieferbergbau im Jahre 1950 war der äußere Anlass.
Das Mansfeld-Kombinat hatte hohe Zielstellungen zu erfüllen, denn die Erzförderung sollte im Folgejahr 1951 auf 119,4 % steigen und der Abbau im Sangerhäuser Revier aufgenommen werden.
Die Losungen:

„Jede Tonne Kupfer mehr – ein Schlag gegen die Kriegstreiber.
Jede Tonne Kupfer mehr – ein Baustein für den Frieden“

sollten die Belegschaften beflügeln, die gesteckten Ziele zu erreichen.
Mehr formal als wirklich notwendig wurden aus den über Jahrhunderte im Mansfelder Bergbau üblichen Kameradschaften nun Brigaden, die sich gewerkschaftlich zu organisieren hatten. Jede Brigade wählte einen Gewerkschaftsorganisator, der seine Aufgaben im Sinne der neuen Gesellschaftsform wahrnahm. Das war neu. Selbstver-pflichtungen zu höheren Leistungen waren gewünscht. Die Aktivistenbewegung erhielt mit zusätzlichen Prämien, bevorzugter Zuteilung von Ferienplätzen und Auszeichnungen unterschiedlicher Art einen hohen Stellenwert bei der materiellen Stimulierung.

Orden, Preise und Medaillen
Den Titel „Aktivist“ gab es bereits 1949, gestiftet vom nun einheitlichen Gewerkschaftsbund, dem FDGB. Es folgte die „Medaille für ausgezeichnete Leistungen“ ab 1951. Weitere staatliche Auszeichnungen waren: „Aktivist“ (seit 1953), „Aktivist des Fünfjahrplanes“ (seit 1960). Ab 1969 wurde der Titel „Aktivist der sozialistischen Arbeit“ verliehen. Diese Auszeichnungen konnten mehrfach verliehen werden, meist verbunden mit einer geringen Geldprämie.
Daraus entwickelte sich eine Flut von Auszeichnungen und Ehrentiteln, die Ende 1977 die Zahl von 128 erreichten. Dazu kam eine unübersehbare Zahl von Medaillen der Betriebe und Kombinate. Zu den bedeutenderen Auszeichnungen gehörten die Ehrentitel „Meisterhauer“ und „Verdienter Bergmann der Deutschen Demokratischen Republik“.
Der Titel „Meisterhauer“ wurde für vorbildliche bergmännische Arbeit, für hervorragende Leistungen bei der Steigerung der Arbeitsproduktivität und anderen Kriterien verliehen. Für den 1950 gestifteten Ehrentitel „Verdienter Bergmann der Deutschen Demokratischen Republik“ war die Erfüllung ähnlicher Kriterien Voraussetzung. Was darunter zu verstehen war, bestimmten jedoch nicht allein die Leiter der Betriebe. Zu den Auszeichnungen gehörten eine Medaille, eine Urkunde und eine Geldprämie. Die Verleihung erfolgte durch den Minister jeweils auf einer zentralen Feier zum Bergmannstag.
Die Medaille ist rund, bronzefarben und hat einen Durchmesser von 33 mm. Auf der Vorder- seite sind auf einer erhabenen Kreisfläche Schlägel und Eisen gekreuzt dargestellt. Am unteren Rand der Medaille steht das Wort „MEISTERHAUER“, in der oberen Hälfte ist beiderseits ein Lorbeerzweig aufgesetzt. Auf der Rückseite ist die Friedenstaube des spanischen Malers Picasso abgebildet. Auf der Medaillen- spange befindet sich in der Mitte ein schwarz- rotgoldener Streifen senkrecht und ein roter Streifen mit dem Jahr der Verleihung waage- recht eingelegt.
Die Medaille ist rund, versilbert und hat einen Durchmesser von 38 mm. Auf der Vorderseite ist eine leuchtende Grubenlampe abgebildet. In der oberen Hälfte stehen die Worte „VERDIENTER BERGMANN“, in der unteren Hälfte die Worte „GLÜCK AUF“. Auf der Rückseite ist die Friedenstaube dargestellt. Die dazu gehörende Spange zeigt zwei schwarz- rotgoldene Streifen, senkrecht angeordnet und ein versilberter Streifen mit dem Jahr der Verleihung waagerecht darüber.
 
Beide Auszeichnungen wurden nur in geringer Anzahl vergeben. Im Jahr 1953 erhielten diese Ehrung als „Verdienter Bergmann“ 28 Personen, darunter Anton Trinks und Otto Sonnabend aus dem Mansfelder Bergbau. Die Wismut AG konnte 11 Bergleute benennen. In den 20 Jahren von 1961 bis 1980 wurden im Stammbetrieb 49 Personen mit dem Titel „Verdienter Bergmann“ und 78 Hauer mit dem Titel „Meisterhauer“ ausgezeichnet (siehe tabellarische Übersicht). Bei einer durch- schnittlichen Belegschaftszahl der Jahre 1961 - 1980 von 7910 Produktionsarbeitern im Mansfelder Bergbau wurden im Jahresdurchschnitt lediglich rund 3 Hauer als Meisterhauer und 2 Bergleute je 1000 Mann als Verdienter Bergmann ausgezeichnet.
Staatstitel im Stammbetrieb
Jahr
Verdienter
Bergmann
Meisterhauer
Belegschaft
Produktionsarbeiter Bergbau
1961
2
3
12.438
1962
3
2
11.744
1963
3
4
10.814
1964
2
3
10.196
1965
1
3
9.527
1966
2
4
8.888
1967
2
4
9.020
1968
3
4
8.503
1969
3
5
7.744
1970
3
5
7.403
1971
4
4
6.556
1972
3
4
6.348
1973
3
4
6.436
1974
2
4
6.429
1975
2
4
6.367
1976
3
4
6.322
1977
2
4
6.146
1978
3
4
5.962
1979
2
4
5.694
1980
1
5
5.660
Summen
49
78
 
Der Tag des Bergmanns zur Zeit der DDR
Das erste Wochenende im Juli war für Bergleute und Hüttenleute und deren Familien ein besonderer Höhepunkt und wurde stets lang herbeigesehnt. Am Freitag gab es das Berg- mannstreuegeld, allgemein als „Dividende“ bezeichnet. Viele Frauen fuhren zu den Schächten und Hütten, um das Geld zu kassieren, ihre Männer abzuholen und gleich einzukaufen. In den Lohnhallen spielten die Werkskapellen und Verkaufstände boten Waren des täglichen Bedarfs. Fast immer waren auch die sowjetischen Garnisonen mit Angeboten zu sehen und dicht umlagert. Neben überwiegend ostdeutschen Produkten gab es dort auch gelegentlich echten Krim-Sekt und Südfrüchte (in Dosen). Am Abend und den folgenden beiden Tagen fanden in den Kulturhäusern eine Vielzahl von Feiern und nicht nur offizielle Veranstaltungen statt.
Die Brigaden pflegten ausgiebig die Ideale alter bergmännischer Kameradschaft. Es reichte meist nicht nur ein Glas Bier, um Freude und Frust von der Leber zu reden. Vom Gewerkschaftsbund wurden zur Finanzierung von 1951 bis 1983 jährlich Abzeichen mit Bezug zum Bergmannstag verkauft, die zum freien Eintritt der meisten Veranstaltungen berechtigten. Diese sind häufig gesuchte Sammelobjekte. Vorläufer war die Plakette zum 750-jährigen Jubiläum des Mansfelder Kupferschieferbergbaus im Jahre 1950, die heute kaum mehr zu finden ist. Auch diese berechtigte zum freien Eintritt zu allen öffentlichen Veranstaltungen in Eisleben und den Festorten.
Inschrift:
750 Jahre Mansfelder Kupferschiefer-bergbau, VEB 1200 - 1950 Original- größe: 3,5 cm Durchmesser, Messingblech
 
Der Tag des Bergmanns heute
Es ist nicht verwunderlich, dass in manchen ehemaligen Bergrevieren im Osten Deutschlands der Tag des Bergmanns, oder der Tag des Bergmanns und des Energiearbeiters, wie er ab 1975 genannt wurde, nicht vergessen ist. Offizielle Veranstaltungen, Auszeichnungen und Ehrungen werden nicht vermisst aber es gibt leider auch die „Dividende“ nicht mehr. Erhalten blieb nicht nur die sprichwörtliche Kameradschaft zwischen alten und langjährigen Arbeitskollegen. Diese soll bleiben und von Vereinen, und auch vom Verein Mansfelder Berg- und Hüttenleute, noch lange weiter gepflegt werden.

  

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