Mansfelder Bergbau & Hüttenwesen

Über Zusammenhänge zwischen dem Verschwinden des ehemaligen
Salzigen Sees und dem Kupferschieferbergbau der Mansfelder Mulde
von Martin Spilker
2010

Seit rund 100 Jahren beschäftigt der ehemalige Salzige See, sein Verschwinden und seine Wiederentstehung, immer wieder die Bevölkerung des Mansfelder Landes. Es gibt darüber eine Menge beschreibender oder fachlich orientierter, aber auch viele polemische Veröffentlichungen. Neben vielen beachtenswerten Fakten steht darin aber oft auch sachlich Unrichtiges.
Es ist nicht beabsichtigt, die bisherigen Veröffentlichungen zu werten. Vielmehr soll versucht werden, aus eigener Sicht einige Fakten und Zusammenhänge darzustellen, ohne den Anspruch zu erheben, einen vollständigen Überblick über das Gesamtproblem zu geben.

Zu Beginn der Ausführungen sollten wir uns einige Angaben zu diesem Gewässer in Erinnerung rufen. Vom Salzigen See und seinen Nachbarn sind folgende Daten bekannt (Abb. 1):


Abb. 1: Größenangaben zu den Mansfelder Seen
(nach Bewirtschaftungsplan Salza, Halle 2001)


Abb. 2: Das Seengebiet nach dem Atlas von Homann 1729 (aus ULE: Die Mansfelder Seen, 1892)
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Auf älteren Karten war er in imposanter Größe dargestellt (Abb. 1 und 2) und reichte teilweise weit über die Begrenzungen am Ende des 19. Jahrhunderts hinaus. Bemerkenswert ist auch, dass das Wasser des Süßen Sees zu Beginn derartiger Beobachtungen salziger war als das des Salzigen Sees. Seine Ursache hat dies in der Einleitung der seit Anfang des 19. Jahrhunderts leicht salzigen Wässer des Kupferschieferbergbaus über den Froschmühlenstollen.


Abb. 3 Der Salzige See nach dem geologischen Messtischblatt von 1852
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Abb. 4: Das Entwässerungssystem des ehem. Salzigen Sees
(nach Studie der Arge GFE/HPC zur Aufgabe des Schlüsselstollens, Halle 1992)
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Beginnend mit dem Jahr 1892 senkte sich der Wasserspiegel des Sees (Abb. 3) rapide und die Salzke fiel trocken. Bis zum Jahresende wurden etwa 2 m Abfall registriert. Da dieser Vorgang verbunden war mit einer erheblichen Zunahme der Zuflüsse in das Grubengebäude der Mansfelder Mulde (Wassereinbrüche im Grubenfeld der Otto-Schächte und des Clothilde-Schachtes 1884 bis 1896), entschloss man sich, den See künstlich trocken zu legen. Dies wurde erreicht durch die Herstellung des nördlichen und des südlichen Ringkanals zur Abführung der Zuflüsse aus dem Umland (Süßer See, Weida), des Pumpwerkes Wansleben (120 m³/min Leistung) am Ostufer des Sees und des Mittelgrabens als der zentralen Entwässerung für das Seebecken (Abb. 4). Im Ergebnis der Trockenlegung wurden bereits im Herbst 1894 die trocken gelegten Flächen verpachtet. Das Entwässerungssystem ist mit Abstrichen, die dem Senkungsgeschehen geschuldet sind, bis heute in Betrieb. Das Pumpwerk hebt im Mittel etwa 17 Mill m³/a (= 32 m³/min).
Einiger Kenntnis von der Genese der Mansfelder Seen, der Entstehung der Landschaft, die sie prägen, den Wechselwirkungen mit dem Bergbau sollte man sich nicht verschließen (Abb. 5). Das ist zum Verständnis der Zusammenhänge zwischen dem Entstehen der Seenlandschaft, dem Verschwinden des Salzigen Sees und seiner zu erwartenden Wiederentstehung notwendig.

 
Abb. 5: Übersichtskarte Mansfelder Kupferschieferbergbau
(aus: LA f. Geologie und Bergwesen, Halle 2000)
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Es ist festzustellen, dass die wesentlichsten Fakten, die zur Bildung der Seen führten, neben der allgemeinen geologischen Situation im Hangenden des Kupferschiefers, d.h. dem Vorhandensein wasserlöslicher Gesteine, wie Steinsalz oder Anhydrit bzw. Gips, vor allem die tektonische Beanspruchung entlang des sog. Martinsschächter Flözgrabens, seine Kreuzung mit der Hornburger Tiefenstörung im Bereich des ehemaligen Salzigen Sees und die durch diese tektonischen Elemente bewirkte Herausbildung des sog. Teutschenthaler Sattels mit Steinsalzmächtigkeiten bis über 1000 m waren. Dabei übernahm die Tektonik die Funktion einer Leitschiene für die Heranführung von Wässern, die am Westrand der Mansfelder Mulde versickerten, auf ihrem Weg über die Oberfläche des Salzes des Teutschenthaler Sattels das Steinsalz auflösten und im schon genannten Kreuzungsbereich an der Hornburger Tiefenstörung als Solquellen an die Tagesoberfläche traten. Unterstützt wurde dieser Vorgang durch eine erosiv entstandene Fehlstelle des Buntsandsteins auf dem Top des Teutschenthaler Sattels (Abb. 6 ).


Abb. 6: Schnitt durch den Teutschenthaler Sattel (nach HEROLD & STROBEL, Halle 1999)
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Der unterirdische Substanzschwund an Steinsalz zeigte sich über Tage als Senkungsbetrag. In die so entstandene flache Senkungswanne lagerten sich von den sie umgebenden Höhenzügen stammende Verwitterungsmassen ab, und letztlich entstanden hier die Mansfelder Seen.


Abb. 7: Schema der Wasserzirkulation zum Salzigen See
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In diesen ursprünglichen und natürlichen Zustand, der sich in Millionen von Jahren seit dem Tertiär herausgebildet hatte, griff mit dem Beginn des Abbaus von Kupferschiefer der Mensch ein (Abb. 7). Als der Abbau Ende des 19. Jahrhunderts im Bereich der Otto- und der Seegen-Gottes- (Otto-Helm-)-Schächte im Einflussbereich des Martinsschächter Flözgrabens diesen Zirkulationsweg unterbaute, entstanden vertikale Verbindungen zwischen dem Grubengebäude und dem im hangenden Zechsteingebirge zirkulierenden Wasser. Die Folge waren katastrophale Wassereinbrüche, die sich im Verlauf der Jahre, beginnend 1884, bis 1907 entlang der westlichen Steinsalzverbreitungsgrenzen nach Norden bis zur 5. Sohle des Zirkelschachtes verlagerten (Abb. 8).


Abb. 8: Lage der Wassereinbrüche in der Mansfelder Mulde
(n. Lorenz, 1962)
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Hier blieb dieser letzte Wassereinbruch mit Speisung aus dem Gebiet des Salzigen Sees stationär als permanenter Wassereinbruch bis zur Flutung der Mulde erhalten. Die Verbindung mit den Mansfelder Seen ließ sich im Zusammenhang mit den Wasserverlusten aus dem Binder See 1962 (Erdfall) und 1968 (Belebung des Erdfalls v. 1962) durch Zuflusserhöhung am Zirkelschacht nachweisen (Abb. 9).

Das Anzapfen des Zirkulationsweges der Karstwässer zum Seegebiet führte auf dem westlichen Teil des Weges praktisch zu keinen wesentlichen Veränderungen (s. Abb. 7). Der Abschnitt östlich der Wassereinbrüche erfuhr aber eine Umkehr der Zirkulationsrichtung von Ost nach West in Richtung Grubengebäude (s. Abb. 7). Dadurch wurden die im Salzigen See vorhandenen Solquellen vorübergehend zu Schlucklöchern für das Wasser des Sees und dieser selbst zum Wasserreservoir für die Wassereinbrüche im Grubengebäude. Die kontinuierliche und jahrzehntelange Speisung der Zuflüsse im Südteil der Mansfelder Mulde aus dem Bereich Salziger See erfolgte dann aber weitestgehend großflächig infolge der besonderen geologischen Bedingungen in diesem Gebiet und nicht ausschließlich punktuell z.B. über Erdfälle.


Abb. 9: Binder See 1962 und 1968

Die Trockenlegung des Sees hatte also aus heutiger Sicht auf die Wasserabgabe an den Untergrund nur relativ geringfügigen Einfluss.

Mit der Aufgabe der Mansfelder Mulde und ihrer Flutung (1970 - 1981) ging die erhebliche Druckdifferenz zwischen Tagesoberfläche und Grubenfeld (ca. 300 m) allmählich verloren, da sich die Grubenbaue der Mansfelder Mulde und der weitestgehend lufterfüllte Hohlraum im Hangenden der Kupferlagerstätte wieder mit Wasser füllte. Mit dem Erreichen des Schlüsselstollenniveaus ging diese Druckdifferenz zwischen Grubengebäude und Tagesoberfläche fast gegen Null. Der Abstrom der im Seegebiet früher versunkenen Wässer reduzierte sich ent-sprechend und aus dem Seebecken musste mehr Wasser gehoben werden als vor der Einstellung des Bergbaus.

Heute ist das über Jahrzehnte lufterfüllte Gesteinspaket des Zechsteins wieder so weit mit salzigen Wässern gefüllt, dass im Raum um den ehemaligen Salzigen See solche Wässer wieder an der Tagesoberfläche austreten (Abb.10). Das über dem Zechstein liegende Grundwasserstockwerk des Buntsandsteins blieb selbst im Gebiet des Salzigen Sees von all diesen Veränderungen weitestgehend verschont.
Das hydraulische Gleichgewicht ist heute etwa wieder hergestellt.

Nach jahrelangen kontroversen Diskussionen um Pro oder Kontra hat man sich inzwischen entschieden, die Wiederentstehung des Salzigen Sees nicht weiter zu betreiben. Nachdem die EU ihre Unterstützung versagt hatte, hat sich auch die staatliche Seite aus dem Projekt zurückgezogen. Die Entwicklungsgesellschaft Mansfelder Land mbH (ESM) wurde Ende 2009 aufgelöst. Das ist das Ergebnis von über 15 Jahren intensiver Bemühungen und Diskussionen.


Abb. 10: Wasserstände im Bereich Salziger See

Aber: Mit einer Entscheidung gegen den See sind zwar gegenwärtig die erheblichen Aufwendungen, die zur Schaffung der infrastrukturellen Voraussetzungen dafür notwendig sind, vorerst vom Tisch. Sind sie das aber für alle Zeiten?!
Auch eine Entscheidung gegen den See erfordert sicherlich nicht geringe Mittel, um die wasserwirtschaftlichen Bedingungen zu seiner weiteren Trockenhaltung zu erhalten bzw. neu zu schaffen.

Eine Reihe von Fragestellungen oder Problemen besteht auch so oder so. Ein sehr wesentliche Frage ist die Wasserqualität in den dem Seebecken zufließenden Vorflutern (Weida, Süßer See). Vor allem der hohe Nährstoffeintrag aus der landwirtschaftlichen Nutzung und die Einträge aus Deponien und aus anderen Altlasten sind hier zu nennen.
Etwas in den Hintergrund rücken bei einer Entscheidung gegen den See viele technische Fragen, die unter Berücksichtigung der berechneten und auf ihre Auswirkungen hin untersuchten Wasserstände zwischen
minimal: +84,15 m NN = 7,94 km² Seefläche und 38,8 Mill m³ Inhalt
maximal: +86,00 m NN = 8,75 km² Seefläche und 54,3 Mill m³ Inhalt
kalkuliert werden müssen. Es sind dies:
- die Verlegung der Bundesstraße 80
- der Rückbau der L 176 zwischen Aseleben und Röblingen
- die Sicherung oder Verlegung der L 149 zwischen Wansleben und Rollsdorf
- die Verlegung von bestehenden Hoch-, Mittel- u. Niederspannungs- leitungen, u. U. einschl. von Umspannwerken
- die Verlegung einer Gasfernleitung
- die Verlegung von Telefonleitungen
- die Verlegung von Wohngebäuden
- die Verlegung des Friedhofs Amsdorf
- die Verlegung der Sportplätze Amsdorf u. Wansleben
- Beräumungen im Bereich der Fischzucht Kerrner See, am Pumpwerk Wansleben, der Halde des ehem. Kaliwerkes Neumansfeld
- technische Veränderung an Zulaufbauwerken aus dem Süßen See, der Weida bzw. des Abflusses des Salzigen Sees in die Salzke


Abb. 11: der Salzige See heute, Blick nach Osten

  

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