Mansfelder Bergbau & Hüttenwesen

Die Metallgewinnung aus dem Kupferschiefer
von Dr. W. Eisenächer
1995

Die fehlende Aufbereitbarkeit nach den klassischen Methoden zwang zum Verschmelzen des "rohen" Kupferschiefers, wodurch eine selektive Anreicherung der nutzbaren Elemente und eine Grobtrennung in 4 Stoffgruppen (Schlacke, Stein, Flugstaub und sog. Eisensau) erfolgte, aus denen die Ausgewinnung von insgesamt 21 Elementen stattfand, was eine Einmaligkeit darstgellt. Es gibt keine zweite Lagerstätte, die eine ähnlich umfangreiche Ausbringungspalette aufweisen kann.
Das Verschmelzen fand während der 800 Jahre Kupferschieferverarbeitung ausschließlich in Schachtöfen statt, deren Leistungseinheiten von 1,6 t/d im 15. Jhd. auf über 880 t Durchsatz um 1960 stiegen, während der Brennstoffaufgang von 80 % (Holzkohle) auf 18 % (Koks) sank.
Schmelzprodukt mit dem größten Masseanfall war naturgemäß die Schlacke, deren Nutzung zu Wegeschotter und Füllstoff in Lehm und Kalkmörtelmauern sich in der Frühzeit verliert. Verbürgt ist die Verwendung zu Schlackebädern seit dem 15. Jhd.. Erst in der Mitte des 18. Jhd. werden roh geformte Fladen als Baustoff verwendet. Eine Aufwärtsentwicklung setzt erst nach Einführung der Großöfen nach 1870 ein, als die Schlacke flüssig abtransportiert und vergossen werden konnte.
Alleiniges Zielprodukt war in den esten 650 Jahren der Stein, aus dem bis 1855 nur Kupfer und Silber ausgebracht wurde, bis 1843 durch Verschmelzen des Rohkupfers mit Blei, von 1828 bis 1844 auch durch Amalgamierung, seit 1845 bzw. 1848 durch Auslaugen entsprechend gerösteter Steine in Form von Silberchlorid bzw. Silbersulfat und Cu
2O, dass anschließend nach verschiedenen Methoden zu Raffinat umgearbeitet wurde. Erst 1927 löste der Konverter die alten Röst/Spurverfahren ab, 1937 die Elektrolyse die Laugerei.

Silber stellte bis weit in das 16. Jhd. hinein den überwiegenden Anteil am Erlös für die Fertigprodukte. Mit zeitweilig über 8 t Silber/a war Mansfeld der größte Silbereinzelproduzent Mitteleuropas im 16. Jhd., nur kurzzeeitig übertroffen von Joachimsthal in Böhmen.
Abgesehen von einer unbewussten Nutzung des Schwefels im Stein als Eisen- und Kupfervitriol sowie des Nickels als durch die Feuerraffination nicht völlig zu entfernenden Legierungsbestandteil des Kupfers, begann erst um Mitte des vorigen Jahrhunderts die Nutzung weiterer Elemente aus dem Stein. Aus den Raffinierkrätzen wuden Kupfer-Nickel-Legierungen sowie Nickelvitriol, aus den Röstgasen in zunächst bescheidenem Maße Schwefelsäure in Bleikammern "dargestellt" und aus dem Bleikammersschlamm erstmalig Selen in technisch relevanten Mengen, die als Weltneuheit auf der Weltausstellung in Paris Aufsehen erregten.
Mit der Konvertierung des Steins und der Kupferelektrolyse wurden ab 1940 Vanadin - das beim Wiedereinschmelzen des Steins verschlackte -, durch einen Röst/Laugeprozess ausgebracht. Ab 1938 folgten die die bisher im Kupfer verbliebenen Edelmetalle Gold, Platin und Palladium bei gleichzeitig erheblicher Erhöhung des Selenausbringens. Auch das restliche Nickel fiel in der Elektrolyseaufarbeitung als Ni-Vitriol an.
Mit Vergrößereung der Erzschachtöfen und ihrem gesteigerten Durchsatz begann die Nutzung der Gichtgase. Damit entstand ddie Notwendigkeit, aber auch die Möglichkeit der Erfassung und Nutzung der Flugstäube, die bis 1928 in kleinen Schachtöfen ausschließlich auf silberhaltiges Blei und dessen Weiterverarbeitung erfolgte. Zink wurde in die Schlacke getrieben, die anderen Elemente waren unbekannt. Mit der Entwicklung des Wälzverfahrens kam die Gewinnung von ZnO aus der Schachtofenschlacke in Aufnahme, aus den unreinen Oxiden in der Folge die Erzeugung von Zinkvitriol, wobei im Zuge der Laugenreinigung Kadmium als Zement anfiel.
Zunehmender Zinkgehalt im Erz, erhöhte Schmelztemperaturen nach Einführung des Schmelzens ungebrannten Erzes in Wassermantelöfen und dadurch gleichzeitig Einstellung einer reinen CO-Atmosphäre im einzelnen Erzstück verstärkte die Verflüchtigung des Zinks erheblich. Der Zinkgehalt des Flugstaubes erhöhte sich dermaßen, dass seine direkte Verarbeitung auf Blei immer problematischer wurde und später kaum noch möglich war. Das Diffrentielle Wälzen im Dörschelofen gestattete ab 1933 die Vortrennung in Zinksulfid als sog. Zinkklinker und einen Bleisulfatflugstaub, der Schachtofenvorlauf war; die Zinkklinker gingen zum Verwälzen auf ZnO.
Nach der Entdeckung des Rheniums wurde der Bleiflugstaub mit Wasser gelaugt, wobei neben Zn und Cd auch Re, Tl und J in Lösung gingen und im Verlauf der Laugereinigung und Re-Fällung gewonnen wurden. Ende der 50er Jahre kam noch eine anschließende Laugung auf Germanium dazu.
Mit den großen Erzschmelzschachtöfen aktualisierte sich auch das Problem "Eisensau". Bisher waren die relativ geringen Mengen beim Steinrösten mit eingesetzt worden. Das entfiel mit Aufgabe der Stadelröstung. Ein einfaches Umschmelzen im Kupolofen folgte, das einen Stein und eine kupferarme Eisenlegierung ergab, die verkauft wurde. Den erzielten Preisen und ihren Veränderungen nach ist zu vermuten, dass Mo und Co aus ihr gewonnen worden sind.
1910 übernahmen die "Deutschen Molybdänwerke Teutschenthal" die Aufarbeitung der Sau zu Molybdän mittels eines Verblaseverfahrens im Konverter, wobei das Mo in die Schlacke getrieben und hieraus nach den üblichen Röst-Laugemethoden als Na-Molybdat in Lösung überführt wurde. Kupfer und Edelmetalle ließen sich nur umständlich aus dem Laugenrückstand bzw. aus der beim Verblasen bleibenden Restlegierung ausbringen, Ni und Co gingen verloren.
Diesem folgte während des I. Weltkrieges und in den ersten Jahren danach das "Mansfeld Verfahren", Umsetzung der geschmolzenen Sau mit Natriumbisulfat zu Natriummolybdat und den Oxiden der restlichen Metalle. Auch hierbei war nur das Molybdän Gegenstand der Gewinnung, erlaubte jedoch nicht eine vollständige Abtrennung des As, woran das Verfahren letztendlich scheiterte.
Erst das der "klassischen" Analyse ähnelnde Verfahren der "Vereinigten Kaliwerke" (Dr. Feit) in Staßfurt-Leopoldshall beachtete alle in der Sau enthaltenen Elemente: Ga und erstmalig Re in größeren Mengen wurden hergestellt; Co, Ni, Cu und die Edelmetalle in definierten und weiterverarbeitungsfähigen Produkten ausgebracht, sogar die geringen Mengen Phosphor bei der Reinigung der Laugen als Ca-Phosphat.
Ein Mischverfahren zwischen dem Mansfeld'schen und dem Feit'schen war das bis 1946 angewandte Borchert'sche Verfahren, das um die Mitte der 70er Jahre modernisiert zum "Outokumpu-Verfahren" wurde, nachdem in Finnland die seit 1945 angesammelten Eisensaubestände verarbeitet worden sind. Granulierte Sau diente sowohl als Prozessvorlauf als auch, wie daraus fallende Zwischen- produkte, als Agens im Prozessverlauf; die Kopplung mit anderen Verarbeitungslinien für Mo-, Ni-, Co- und Cu-Erze gestattete während der Zeit hoher Mo- und Co-Preise eine gewinnbringende Verarbeitung, so dass sogar das Eisen, dass als recht reines Fe
2O3 anfiel, bezahlt wurde. Das war das 21. genutzte Element des Kupferschiefers, und wenn die in der Bleiraffination erzeugten und weiter auf Hartbleisorten - z.T. in der eigenen Bleihütte in Hettstedt - verarbeiteten Arsen- und Antimonabstriche hinzugerechnet werden, sind sogar 23 Elemente aus dem Mansfelder Kupferschiefer ausgebracht worden, allerdings nicht immer gleichzeitig, wie auch der Verfahrensstammbaum, von dem eingangs zunächst nur der Teil der Rohhütte vorgestellt ist, kein festes unveränderliches Schema war, sondern entsprechend der technischen Entwicklung und der wissenschaftlichen Erkenntnis sich ständig entwickelt hat.
In den letzten Jahren setzte eine Rückwärtsentwicklung infolge eines deutlich geringeren Erzangebotes mit veränderter Zussammensetzung ein. Dadurch wurden die Verfahren immer schwerer beherrschbar und zunehmend unwirtschaftlicher. Die Entwicklung wurde auch durch zunehmenden Verschleiß der Anlagen und durch Arbeitskräftemangel negativ beeinflusst. Das führte zum Absturz, wodurch die heute bestehenden Umweltprobleme mit verschuldet wurden.

  

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