Mansfelder Bergbau & Hüttenwesen

Der Hüttengrund bei Helfta
(Ergänzter Nachdruck aus "Neue Mansfelder Heimatblätter" Nr.5)
von Dr. Wolfgang Eisenächer
1999

Hüttengrund - eine Eindeutige Bezeichnung in einem Gebiet "uralten" Bergbaus, was vermuten lässt, dass auch der Name "uralt" ist und bis in die Entstehungszeit des hiesigen Bergbaus hineinreicht, ähnlich dem Schmalzgrund bei Hettstedt. Aber dies ist ein Irrtum:
Seinen Namen hat das nur 5 km lange Tälchen erst zu einer Zeit erhalten, als längst wieder Ruhe eingekehrt war und nur noch Halden von seiner industriellen Vergangenheit kündeten, und bei der Namensgebung mag wohl auch die schmerzliche Sehnsucht nach der Zeit der Prosperität Pate gestanden haben.
In der Zeit, als hier noch die Hütten rauchten, in denen der Kupferschiefer zu silberhaltigem Schwarzkupfer verschmolzen wurde, hieß dieser Grund schlicht "Das Tal" oder "Tal vor Eisleben". Die ältere Bezeichnung "Teufelstal", aus dem späten Mittelalter stammend, verschwand sehr rasch mit der Ausbreitung der Reformation. Aber noch immer klingt sie an im "Teufelsgrund" und "Teufelskanzel", dem einzigen Nebentälchen und der dort befindlichen Felsbildung.
Von den Hütten selbst haben wir nur sehr spärliche Nachrichten. 1508 wird zum ersten Male eine Hütte im Tal erwähnt, 1532 sind es fünf, von denen eine schon "wüst" ist, während eine weitere bis 1535 stillgelegt wird. das heißt jedoch nicht, dass die Hütten erst nach 1500 entstanden sind; die Gründungszeit liegt mit großer Wahrscheinlichkeit zwischen 1440 und 1470. Fünf Hütten auf zwei Kilometer Talstrecke sind eine beachtliche industrielle Ballung, gaben sie doch unmittelbar 55 - 60 Hüttenleuten sichere Arbeitsplätze und verursachten ein reges Verkehrsgeschehen.
Sie verarbeiteten um 1520 jährlich
5000 Fuhren Erz (je 1,2 Tonnen),
6000 Fuhren Holzkohle,
1000 Fuhren Holz,
500 Fuhren Flußspat
und erzeugten 150 Tonnen Kupfer mit 800 kg Silber im Jahr. Der Wert dieser Metalle ist größer als die Produktion manches namhaften zeitgenössischen Bergbaureviers, wie z.B. Andreasberg im Harz oder Marienberg im Erzgebirge.
Holz und Holzkohle kamen nicht aus den benachbarten Wäldern des Hornburger Sattels. Diese Waldflächen sind viel zu klein, um den enormen Holzbedarf für die Holzkohlenherstellung zu genügen. Der gesamte Holznachwuchs aus den etwa 6 km² Waldfläche, wovon jedoch weit über 50 % Gemeindewald und interner Nutzung vorbehalten war, erbrachte jährlich maximal 2000 Festmeter Holz, die 500 Fuder Holzkohle ergaben, 0,7 % des Gesamtbedarfs der Hütten oder ausreichend für den Betrieb eines Feuers für 32 Wochen. Die Holzkohle kam aus dem Südharz, aus den Wäldern um Solberg - Benneckenstein. Auch das Erz kam nur zum kleinsten Teil aus den Gruben am Nordost-Abfall des Hornburger Sattels, aus den Revieren "am Holze" oder "Lindental", im Bereich der heutigen Waldgrenze, sondern aus dem Bergbaugebiet zwischen Wolferode und Ziegelrode.
Es ist erstaunlich, wie dem infolge des kleinen Einzugsgebietes nur sehr wenig Wasser führenden Hüttengrundbach die für den Antrieb der Gebläse erforderliche Energie abgewonnen worden ist, wie sorgfältig das geringe Energieangebot genutzt wurde. Der Bach entspringt im (gegenwärtig kaum noch Wasser spendenden) Dorfbrunnen / Dorfteich in Schmalzerode und wird, da Nebentäler fehlen, nur noch durch Sickerwasser aus einigen feuchten Wiesen gespeist. Nach ca. 3 km Oberlauf beginnt ab Neckendorf die "Gefällstufe". Auf zwei Kilometer Lauflänge fällt der Bach um 60 m. Nur hier lässt sich ausreichend Energie entnehmen. Es waren bei der geringen Wassermenge 10 m "hohe" Wasserräder erforderlich. Jede Hütte nutzte 10 m vom Gefälle. Das Abschlagwasser der oberen Hütte wurde in sorgfältig nivellierten, am Hang entlanggeführten Gräben dem Wasserrad der nächst tiefer gelegenen Hütte zugeführt.

Die industrielle Blüte zog aber auch den Verfall nach sich. Um die Gruben am Nordost-Abfall des Hornburger Sattels zu entwässern, wurde um 1500 der Roß- oder Neckendorfer Stolln im Untergrund des Hüttengrundes getrieben. Nachdem er die Schächte erreicht hatte, verringerte sich durch Wasserentzug bzw. Versickerung die Wasserführung des Baches, die Hütten litten unter Energiemangel. 1511 schon muss eine Wasserhebeeinrichtung Wasser aus den Schächten trotz vorhandenseins des Stollens "bis zu Tage" heben, um den Schmelzbetrieb der Hütten sicherzustellen. Eine Intensivierung der Schmelzarbeit um 1515 ermöglichte ein Hinausschieben der Betriebseinstellung. Die verfügbare Erzmenge konnten nun die Hütten in der Hälfte der Zeit gegenüber bisher verschmelzen. Die Schmelzkampagnen erstreckten sich nach 1515 nicht mehr über das ganze Jahr, sondern nur noch auf die wasserreiche Zeit vom zeitigen Frühjahr bis zum Frühsommer. Aber - und das deutet die aufgelassene und in teilweisem Aufgeben befindliche Hütte 1535 an - der Hüttenstandort im "Tal vor Eisleben" mit den Erbhütten Drachstedt, Brückner und Heidelberg und den gräflichen Hütten Heidelberg und Wiedemann (das sind die Namen der Inhaber bzw. Besitzer) muss zwischen 1540 und 1550 aufgegeben werden, auch wegen ihrer gegenüber anderen Anlagen weiteren Anfuhrwege für das Erz.
Erst etwa 100 Jahre danach, nachdem das Tal in seine Ruhe zurückgefallen war, taucht, in Erinnerung an die Zeit einer schwunghaften industriellen Tätigkeit, der "Hüttengrund" in Urkunden auf. Und Dank dieser durch die teilweise Wegelosigkeit bedingten Ruhe des Tals sind die Sachzeugen der ehemaligen Hüttenbetriebe, die Schlackenhalden von zwei Hütten, nahe unversehrt noch erhalten. Sie erwecken den Eindruck von Talschotterterrassen; angewehter Staub hat eine Trockenrasennarbe entstehen lassen, die nichts mehr vom Schlackenuntergrund erkennen lässt. Deutlich stellen sich noch die ehemaligen Wasserabschlaggräben als tiefe Einbuchtungen in den Haldenkanten dar. Die Halde der unteren Hütte, unmittelbar am Bahndamm, scheint weitgehend zur Dammschüttung mit verwendet worden sein.
Der 1950/60 vorhandene relativ geringe Haldenrest der obersten Hütte
1) ist bei der Verfüllung des Erdfalles an der B 180 und der Verbreiterung der Straße fast restlos verarbeitet worden. Nur noch Schlackestückchen im Boden weisen auf die damalige Halde hin. Dies ist aber auch alles, wenn man von den heute noch unter den Rauchschädennachwirkungen leidenden Talhängen absieht. Noch nach 400 Jahren "Erholungszeit" gestattet der Boden nur ein kümmerliches Fortkommen der Fichtenpflanzungen. In Anbetracht des Originalzustandes der beiden Halden, ihres Alters und der Tatsache, dass es die einzigen unbeeinflusst gebliebenen Sachzeugen des Hüttenbetriebes im gesamten Mansfelder Bergbaugebiet aus der Zeit vor dem 30jährigen Kriege sind, sollten sie unbedingt erhalten werden, zumal ihre Beseitigung weder eine Notwendigkeit ist noch zur Rekultivierung von Bodenflächen führt.

1) Die schon 1531 "wüst gelegene" Drachstedt'sche Hütte; ihre 2 "Feuer" - Betriebsgerechtigkeiten, Erz- und Kohlequoten - waren von den beiden Drachstedt'schen Hütten in Wimmelburg und "unter dem roten Berge" - Kreisfeld - übernommen worden

  

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