Wahre Begebenheiten

Ein Bergmannsstreich
oder wie jemand sich zum Schaden den Spott noch selbst besorgte
von Martin Latk
2011

Diese Geschichte passierte Mitte der 60er Jahre dem Grubenbetriebsleiter Rudi K. auf dem Otto-Brosowski-Schacht. Er war bei öffentlichen Auftritten benachteiligt. Er wirkte phlegmatisch. Er sprach gleichmäßig ohne Betonung und konnte deshalb nur selten Interesse erwecken. Einmal sorgte er jedoch für große Aufmerksamkeit und Schadenfreude.
Es war eigentlich eine ganz normale Mittagschicht im Sommer. Die Busse mit den Bergleuten trafen nach und nach auf dem Brosowski-Schacht ein. Einige Kumpel gingen noch Essen in den Speisesaal. Andere machten Besorgungen im Magazin. Wieder Andere standen in der Lohnhalle oder im Hof am Springbrunnen, den Sonneschein genießend schwatzten und rauchten. Plötzlich erklangen im Betriebsfunk die Trompeten von dem Einzugsmarsch der Oper Aida. Es war das Signal das ein Roter Treff stattfindet. Das Mikrofon übernahm der Grubenbetriebsleiter.
In seinem eintönigen langsamen Sprechtempo erklärte er, dass er in der Frühschicht eine Befahrung in der 12. Sohle gemacht habe und dass es seine Pflicht sei Mängel an Ort und Stelle anzusprechen. Wir dachten, wen hat es jetzt getroffen. Dann redete er langatmig davon, dass er doch als Vorgesetzter Achtung verdiene man ihn nicht verspotten und seine Autorität untergraben dürfe. Nun wurden die Kumpel aufmerksamer. Alle spürten es, der Grubenleiter ist schwer gekränkt.. Immer noch weit ausholend kam er zur Sache, man habe ihn beleidigt. Während einer Strebbefahrung habe man seine Jacke, die er an einen Stempel in der Sohle aufgehängt hatte, mit Schienennägeln fest angenagelt. Die Jacke war ruiniert. Er erklärte wieder weitschweifig, dass sich solche Streiche mit dem Grubenleiter nicht gehörten und dass der Täter bestraft werden muss. Aber er wolle bei freiwilliger Meldung von einer Bestrafung absehen. Dann beendete er den Roten Treff mit seinem üblichen Abschluss-Spruch, „Ein herzliches Glück Auf und recht viel Schiefern“.
Die Anwesenden in der Lohnhalle verkniffen sich die Schadenfreude. Die Kumpel auf dem Hof, im Speisesaal und in der Kaue lachten laut. und diskutierten: „wie kann jemand dem ein Streich gespielt wurde das noch an die große Glocke hängen“. Zumal die Mittagschicht ja gar nichts mit dem Geschehen zu schaffen hatte und normaler Weise den Streich gar nicht erfahren hätte.
Die Kumpel waren der Ansicht, wäre der Grubenleiter still geblieben, hätte niemand außer den Beteiligten etwas erfahren. Der Übeltäter hätte gewiss nicht mit seinem Streich geprahlt. Übrigens muss dem Grubenleiter doch ein Licht aufgegangen sein, das er die Sache falsch angegangen ist. Denn am nächsten Tag in der Frühschicht hat er den Roten Treff nicht wiederholt.

  

<<< Zurück >>>


© Verein Mansfelder Berg- und Hüttenleute e.V.

[Startseite] [Bergbaugeschichte] [Über uns] [Artikel] [Aktuelles] [Publikationen] [Bildergalerie]
[Haldenbesteigungen] [Bergmannslied] [Gästebuch] [Kontakt] [Impressum] [Links] [Datenschutz]